Montag, 20. April 2009

Klein Sray und das Sommerloch nach 13 Jahren Schule



So schön zwar die Tatsache war, dass ich endlich 13 Jahre Schule hinter mir hatte und so überraschend es war, nach all der psychischen Achterbahn doch noch meinen Hochschulabschluss erreicht zu haben, so schrecklich waren für mich die Wochen und Monate danach.
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Denn wie bereits berichtet (link!) hätte ich nie gedacht, das Abi zu schaffen, weil ich mein Leben zuvor nicht auf die Reihe brachte. Ich dachte ja eine ganze Zeit lang vor dem Abi, ich würde zurückgestuft werden in die 12.Klasse. So steckte ich in der Gegenwart fest und hatte dementsprechend auch gar nicht für die Zukunft geplant.
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"Zivi" oder "Bund" musste ich beide wegen Ausmusterung nicht machen. Wie wäre es mit einem Studium? Ich dachte mir: wer soll mich denn bei DEM schlechten Abi-Durchschnitt nehmen?
Ich dachte aber wegen Verpeiltheit erst gar nicht daran, ein Studium anzufangen, dass mit gar keiner Zulassungsbeschränkung (in Form vom Numeri clausi (NC) oder von Aufnahmeprüfungen) gekoppelt war.
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Wie wäre es denn mit einem Ferienjob für den Sommer? Ich hatte leider überhaupt keine Motivation gehabt, eine Arbeit zu finden. Nicht mal meine Eltern konnten mich pushen, ich hatte so ein Brett vor dem Kopf gehabt. Diese Art der Unfähigkeit und das permanent einhämmernde schlechte Gewissen haben mich dann komplett heruntergezogen. Denn alle, aber auch wirklich alle anderen Co-AbiturientInnen hatten alle einen Ferienjob gemacht oder machen können. Und wenn ich mich im Spiegel dann so anschaute...oje. Scheiß Druck!
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Während der ganzen freien Zeit im Sommer habe ich lediglich meine Mutter, die keinen Führerschein hat, morgens zur Arbeit gefahren und nachmittags wieder abgeholt. Mein Fahrer wollte so oft wie möglich mit dem Fahren zu seinem Arbeitsplatz fahren.
Manchmal musste ich sie nach ihren Feierabenden in die Stadt (also in die Innenstadt Wertheims) fahren, weil sie Sachen aus diversen Drogerien kaufen wollte. Shampoos und Zahnpasten.
Oder ich musste sie zu Supermärkten und Discountern hinchauffieren und ihr natürlich auch beim Tragen und Einkauf helfen. Ich habe es zwar insgesamt als Sohnemann gerne gemacht, aber es gab dennoch Momente, da hätte ich meine Mutter einfach im Laden stehen gelassen und wäre ohne sie sonst wohin gefahren (habe ich natürlich nie gemacht).
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Mein Tages- und Schlafrhythmus war futsch. Ich schlief bis Ende Nachmittag, kurz vor dem Abholen. Holte meine Mutter ab. Machte dann die Nacht fast durch, weil ich einfach nicht einschlafen konnte. Ich schlief dann um 3 oder 4 Uhr nachts ein, wurde um 6 Uhr geweckt, fuhr halb-verschlafen meine Mutter zur Arbeit, fuhr wieder zurück nach Hause und schlief wieder den Vor-, den Mittag und den halben Nachmittag. Immerhin wurde durch das späte Aufbleiben mein Zimmer von Tag zu Tag sauberer und aufgeräumter, weil ich gegen die Wachheit Unterrichtsblätter und Mitschriften aus der Schulzeit in Ordnern reinpackte.

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Willkommene Abwechslungen waren "Meetings" mit Karo aka Wolta und mit Oli H./Hörschdä. Erstere traf ich entweder bei ihrer Mutter oder in der Wohnung ihres Vaters in Wertheim. Oder in der Stadt. Oder wir fuhren nach Karlstadt, wo ihre Freundin in der Nähe wohnte. Karaoke, Musikhören, Kaffeetrinken, Philosophieren, Lästern, das Drehen freakiger und lustiger Amateurfilme.
Mit Oli war ich meist in der Stadt im "Da Barista" (link!), ein Café voll italienischem Flair und eine der tollsten Innen-Locations in Wertheim. Oder im "Ionis" (link!), eine In-Bar, fast so gut wie das "Da Barista". Manchmal fuhren wir abends aber auch nach Würzburg zu den queeren Wochenend-Events im AKW oder Zauberberg.
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Auch eine Unterbrechung des öden Post-Abitur-Alltags stellte einerseits das U&D-Festival in Karlstadt dar, die Mini-Version des Würzburger Festivals "Umsonst & Draußen". Dort half ich 2007 das erste Mal ehrenamtlich mit in Form von Tellerwaschen und Bierzelttischabbau und lernte viele nette Leute kennen. Ein zweites Mal war ich ja 2008 mit von der Partie (link!).
Andererseits war da ja die mehrtägige Abifeier (link!).
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Nicht sehr förderlich hingegen war die Frage, die mir eigentlich jeder dann stellte: "Was machst du jetzt nach deinem Abi?" Ich: "Keine Ahnung." Ein Kerl hatte als Antwort darauf als einziger Mensch dann einmal etwas sehr Hilfreiches gesagt. Er sagte:
"Mensch, du bist noch so jung, du kannst doch noch gar nicht wissen, wie dein Leben auszusehen haben soll. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, bist du es dann weißt." Dies befreite den Druck ungemein.
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Einige Tage später feierte Karo als Einzige mit mir in meinen 20.Geburtstag rein. Während dieser Zeit Anfang September hatte sie es dann irgendwie geschafft, mich doch zu überreden, ein Studium anzufangen. Es ist zwar nicht der gleiche Wortlaut, aber so oder so ähnlich lief das Gespräch ab:
"Wie wäre es mit Englisch? Da warst du doch immer so gut darin", sagte sie.
"Und dann studier das halt mit einem weiteren Fach auf Lehramt." - Lehramt? -
"Wenn du das auf Magister studierst, stehen die Berufschancen schlechter." - Aber ich kam doch gerade von der Schule, die mich im Übrigen ja auf den Kieker hatte, wie du weißt. -
"Ja, aber nach dem Staatsexamen kannst du ja dann auch andere Berufe ausüben, du bist nicht unbedingt daran gebunden, später Lehrer zu werden."
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Und, peng, war mein Schicksal besiegelt. Kurz nach dem Gespräch recherchierte ich für Studiengänge. Ich nahm Lehramt an Gymnasien und dazu die Fächer Englisch und Sozialkunde als Hauptfächer. Und dann schrieb ich mich dank Karos Hilfe an der Uni Würzburg ein, was aber auch der Tatsache geschuldet war, dass die Einschreibefristen sich zeitlich bis kurz vor Semesterbeginn befanden. Gut für mich.
Das mit der Wohnungssuche war dann noch ein Kapitel für sich, das klappte ja dann erst mehr als ein halbes Jahr später...
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