Freitag, 12. März 2010

Phänomene der Popmusik Vol.1



Diese neue Rubrik heißt "Phänomene der Popmusik" und soll eine Kolumne sein, die von Charts-Überraschungen, alten oder neuen musikalischen Trends, positiven oder negativen, Entwicklungen, Neuheiten, von Pionieren, Helden und Deppen handeln soll. Alles klar?
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Heute: Muse auf Platz 17 der deutschen Singlecharts!

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Die britische Alternative-Prog-Pop-Rock-Band Muse ist erfolgreich wie nie, neuerdings sogar in Deutschland. In einem Land, in dem gleichgemachte Mainstream-Musik vor allem die oberen Plätze der Single-Charts belagert und Alternatives sich fast ausnahmslos erst ab Platz 55 jener Einzelsong-Charts zu finden ist, ist das immer noch verwunderlich. Mittlerweile kann man aber von den Briten - natürlich nur oberflächlich betrachtet - jedoch auch nicht mehr behaupten, dass sie ein geeignetes Vorbild für guten Musikgeschmack darstellen. Der TOP10 der UK-Singlecharts fehlen mittlerweile gute Stücke oder zumindest Indie-Überraschungshits...oder zumindest Platzierungen guter Sachen.
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Natürlich muss man den Begriff der sogenannten alternativen Musik von "Indie" trennen. "Indie" im ursprünglichen Sinne bedeutet, dass eine Band oder ein/e Künstler/in bei einer Plattenfirma unter Vertrag ist, welche aus Budgetmangel eher in kleinen Stückzahlen Tonträger vertreibt. "Indie" ist nicht nur zu einem beliebten Zusatz für die Musikbegriffe "Rock" und "Pop" geworden, es bezeichnet eine ganze Jugendkultur, die Art sich zu kleiden, usw.
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"Alternative" hingegen meinte einst die Unfähigkeit einer Band oder eines/-r Künstlers/-in, Massen von Leuten zum Kauf seiner/ihrer Musik zu bewegen, weil diese Musik sich nicht an den Massengeschmack richtete. Allerdings ist "Alternative" ein verstaubter Begriff, der seinen Platz in Verbindung mit dem Anhängsel "Rock" in der 90ern hat.

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Der Unterschied zwischen "Indie" und "Alternative" ist auch, dass alternative Musikmacher auch bei Major-Plattenfirmen unter Vertrag sind oder deren Platten zumindest von diesen Majors vertrieben werden. Red Hot Chili Peppers, Rage Against The Machine, oder aktueller, Coldplay, The Strokes, Oasis, Blur / Gorillaz oder Yeah Yeah Yeahs machen alle mehr oder weniger "Alternative", ohne "indie" zu sein.
Die Frage ist nur: Ist man dann noch "alternativ", wenn man so erfolgreich ist wie Depeche Mode, U2 oder die Ex-Indie-Rock-Band R.E.M. ist und in mittlerweile großen ausverkauften Hallen spielt? Ja, da sieht man mal das Widersprüchliche und die unzeitgemäß einschnürende Qualität an den Musikstil-Kategorien - wie ein Korsett - und das Paradoxe an die auf langsamen Wege erfolgreich gewordenen Coldplay und Muse. Sollte man nicht lieber alles nur noch als "Rock" bezeichnen?
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Na, das wäre doch fast schon langweilig und zu oberflächlich!
Die Gemeinsamkeit beider Musikgenre-Hülsen (eher Hülse statt richtiges Genre) ist jedoch, dass über diese Bands mit diesen musikalischen Kennzeichnungen in den deutschen Musikmagazinen, also im Musikexpress, in der Visions, in der Rolling Stone oder in der SPEX berichtet wird und dass diese Hülsen die Gegensätze zum sogenannten Mainstream-Pop darstellen.

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Muse sind seit dem vierten Album Black Holes And Revelations (2006) beim Major-Label Warner Music (link!) unter Vertrag, mit den früheren Alben Showbiz (1999), Origin Of Symmetry (2001) und Absolution (2003) gehörte das Trio zuvor Universal Music (link!) an. Muse sind also alles andere als "indie" und sind das auch nie gewesen.
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Weil ihre Plattenfirmen sie großzügig und kostspielig vermarkten, wurden Matt(hew) Bellamy, Chris Wolstenholme und Dominic Howard auch immer erfolgreicher. Aber nicht nur deswegen. Sicherlich spielen Musikvideos, das Design ihrer Platten, dem offensichtlichen Sex-Appeal Matts (link!) und ihre Musik mit all den crazy Texten, den tausend Klang-Einflüssen und -Experimenten selbst eine gewisse Rolle. Und natürlich haben sie sich - wie man so schön sagt - eine große "Fanbase" aufgebaut. Denn irgendwie haben sie es geschafft, im Laufe ihrer Karriere saumäßig viele begeisterte Hörer für sich gewinnen, z.B. Oli T.!

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Muse stiegen in der Kalenderwoche 9 mit der zweiten Single "Undisclosed Desires" (siehe Video) auf Platz 17 ein. Sie könnten weiterhin noch aufsteigen, aber auch noch fallen. Tendenz: sie werden wohl wieder herunterplumpsen. Dennoch: das ist überraschend. Aber wegen der ersichtlichen R'n'B-Anleihen im Sound dieser Single ist dieser Erfolg doch nicht solch eine Überraschung. R'n'B ist zurzeit ja wieder schrecklich erfolgreich (Rihanna, Ke$ha, Keri Hilson, Jason Derulo, Timbaland + Feature-Gäste, etc.)
Denn so weit nach oben hatten sie es nicht mal mit der vorigen Singleauskopplung "Uprising" (link!) geschafft, welche im Herbst letzten Jahres immerhin Platz 40 erreichte.
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Die Albumcharts sind nochmal anders strukturiert, denn dort haben es alternative und Indie-Künstler dann doch etwas leichter und schaffen je nach Beliebt- und Bekanntheit manchmal TOP-10-Platzierungen. So auch Muse, die mit dem am 11. September 2009 veröffentlichten fünften Album The Resistance das erste Mal auf Platz 1 gingen und dort eine Woche lang verharrten.
Überraschend ist, dass diese Platte kommerziell so abgeht, obwohl The Resistance das erste Mal die Fans und normalen Hörer wirklich spaltet. Leute, die The Resistance geil finden und viele, die sich davon distanzieren, den Prog-Wahn Bellamys beschissen finden. Ich habe von vielen meiner Kommilitonen schon mitbekommen, dass sie mit dem neuen noch progressiveren Sound unglücklich sind. Sie fanden Muse früher ziemlich super, jetzt sind sie vielen zu weit gegangen.
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Um der Frage "Sind Muse also noch Alternative?" endlich eine Antwort zu geben:
Wie wir ja jetzt wissen...klares Jein!

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LINKS

List of Alternative Rock artists
List of Indie Rock artists
Timeline of Alternative Rock
Muse Official Website
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UNDISCLOSED DESIRES





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2 Kommentare:

jazzy hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
jazzy hat gesagt…

Was heißt "zu weit gehen"? Wenn sich selbst Künstler an Grenzen halten würden, gäbe es keine Kunst.

Kann mir bitte jemand sagen, wie der song heißt?
Danke :)